Das tägliche Kräftemessen

Kind steht vor Tunneleingang

Ich bewundere ja die kluge Schlagfertigkeit, mit der mein Sohn jetzt in Diskussionen glänzt. Und ich finde es meistens toll, dass er so ein gemütliches Kind mit extra viiiiiel Zeit ist. Aber manchmal geht mir dieser alltägliche Kampf um Kleinigkeiten einfach auf den Sack.

Puh, endlich schläft das Kind! Und ich bin fertig, Ein Glück, nicht schon mit eingepennt, passiert gerade oft. Denn nach einem Arbeitstag folgt nun mal Teil 2 und ja, verdammt, dieses Kindergroßziehen ist Arbeit, sehr schöne und lehrreiche, aber eben manchmal auch echt anstrengende Arbeit! Wenn ich eine Strichliste führen müsste, wie oft ich gerade Sätze wie: „Bitte putz jetzt deine Zähne!“ sage, bitte, schnaube, und ja, auch brülle, dann würden vermutlich ein paar Hektar Wald weniger stehen.

Grenze erreicht

Nein, ich finde nicht, dass Brüllen eine schlaue Methode der Kindererziehung ist, denn sie bringt weder mich und schon gar nicht mein Kind weiter. Aber nach vorsichtigem Ankündigen, spaßigem In-Richtung-Badezimmer-Lenken, konkreten Ansagen, genervter Forderung und nochmaliger Darstellung der Alternativen (Entweder es geht jetzt los mit dem Zähneputzen oder es wird zu spät für die Geschichte) kann ich irgendwann nicht mehr. Akku auf minus 10, nennt mein Stiefvater das.

Manchmal will er einfach noch was ganz Wichtiges vom Tag erzählen. Das ist total okay. Aber manchmal verbünden sich Müdigkeit und Neugierde zu einer anstrengdenden Testrunde: Wie lange kann ich mit dem Teppich spielen, nochmal durch die Wohnung rennen, im Zeitlupen-Tempo die Socke ausziehen und einfach auf Durchzug schalten? Ehrlich? Bei mir geht das nicht allzu lange. Ich erreiche meine Grenze in allgemein stressigen Phasen recht schnell und das sage ich dann auch: Grenze ist langsam erreicht.

Kind steht am Ausgang eines Tunnels

Nein, Kinder haben nicht zu funktionieren. Eltern aber auch nicht. Zumindest nicht rund um die Uhr.

Heute war ich echt stolz auf mich, ich bin ruhig geblieben, obwohl ich irgendwann keine Ahnung mehr hatte, wie ich das Kind noch ins Bett bekomme. Es gab keine Geschichte, was trautig ist, denn eigentlich ist das unser Ritual abends. Aber ich habe keine Lust darauf, meinem Kind beizubringen, dass alles in Ordnung sei, was er macht. Ich verstehe das Austesten, ich verstehe sein Kompensieren eines langen, harten Kita-Tages und dass er eben einfach mal machen und nicht funktionieren will. Aber ich muss es nicht toll finden.

Schöne Momente

Irgendwann hatte ich ein wunderschönes Gefühl der vollkommenen Liebe trotz meiner Wut über die momentane Situation. Ich bin so froh, dass er da ist und hab nochmal gemerkt, wie sehr ich diesen kleinen Menschen liebe. Das sage ich dann auch, wenn ich mich selbst etwas runtergefahren habe.

Dass die Situation so trotzdem beschissen lief und für uns beide nervig war, sag ich aber auch. Zustimmendes Nicken. Er kuschelt sich an mich und meistens ist es ja sowieso das, wonach wir alle verlangen: Einfach mal gedrückt zu werden, auch wenn wir gerade anstrengend sind. Dafür muss ich mich meistens erstmal selbst runterfahren, obwohl ich doch eigentlich weiß, wie einfach, logisch und wunderschön die Lösung wäre. Die gelassene, entspannte und kluge Mutti – die kann ich eben leider nicht immer bieten. Und vielleicht ist das auch nicht das Schlechteste.

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