
Klar liebe ich mein Kind. Aber es gibt so Tage … da kommt dieser Satz gefühlt 1000 Mal aus meinem Mund. Ich bin genervt. Kind auch. Geht es auch anders?
Mein Sohn macht, was er will. Das ist ja auch gut. Selbstbestimmt sein und so. Aber von Methoden wie Unerzogen halte ich nicht viel. Es gibt einfach Momente, da will ich einen halbwegs zügigen Ablauf und ja, wenn ich ehrlich bin: Ich will, dass mein Kind funktioniert. Er ist keine Maschine, das ist mir klar. Sagen wir, dass er einfach macht. Macht er nie.
Kurz vor 8 Uhr, ich muss los. Kita, Arbeit, das übliche Tralala der Morgenroutine – Ich habs ja so gewollt. „Zieh dich bitte an, wir müssen gleich los.“ Den Satz kann ich mir auch sparen, denn es passiert – nix. Mein Kind hüpft kreischend durch die Wohnung und hat keinen Bock auf Abhetzen. Ich auch nicht, aber muss ja.
Da fällt er bereits, mein verhasster Lieblingssatz: „Muss ich alles zehnmal sagen?!“ rufe ich ihm mit scharfem Ton entgegen. Er grinst frech und unbeholfen. Es ist ja mein Problem, dass ich los will und alles auf den letzten Drücker läuft.
Morgenroutine
Manchmal kriegen wir es gut hin. Ich helfe (nein falsch, ich ziehe ihn immer an und grummle oft vor mich hin, wieso er nichts allein machen will) und wir kommen relativ pünktlich los. Oft bin ich aber schon morgens gereizt. Alles, was ich sage, wird ignoriert. Ich verliere die Nerven und brülle rum. Mein Kind weint. Ich ziehe ihn sowieso wieder an und dann rasen wir los. Scheiß Morgen für beide.
In letzter Zeit ziehe ich mich an, sage, dass ich gleich losgehe, wenn ich angezogen bin und gehe dann auch aus der Tür. Findet er gar nicht cool. Er läuft dann zwar schreiend hinterher, kommt also, aber nur aus Angst, dass er allein bleiben muss. Mit Erpressung sozusagen. Das wollte ich nie. Aber mir fehlen gerade die Ideen und Methoden.
Jesper Juul ist spannend. Aber abends fallen mir so schnell die Augen zu, dass ich immernoch nicht weiß, wie das nun geht mit dem Nein aus Liebe. Ich bin eh ein Erziehungsbüchermuffel und war keine vorbelesene Mutter, als ich eine wurde.
Ich dachte: „Das wird schon. Ich lass das alles auf mich zukommen und handle dann einfach, wie es sich in dem Moment richtig anfühlt.“ Damit komme ich nicht weiter. Mein Sohn hat seine eigenen Vorstellungen und braucht morgens gern mal lange. Ich auch. Unter der Woche halt schwierig. Und am Wochenende nimmt es auch grad Ausmaße aus.
Unser Samstag beginnt 13 Uhr
Manchmal gehen unsere Tagesausflüge erst am frühen Nachmittag los. Ich komme mir dann vor wie eine Mutter-Versagerin, weil ich es nicht schaffe, uns beide rechtzeitig fertig zu haben.
Samstagmorgen, 10 Uhr, wir beide sind gut gelaunt, haben gefrühstückt, gespielt, geduscht (zumindest ich), sind angezogen und ausgehbereit.
Das wäre mein Ideal. Die Realität sieht so aus: Samstagmorgen gegen 8 Uhr werden wir wach, Sohn will spielen, ich habe noch keinen Bock, wir stehen auf und ich mache Frühstück, während Sohn allein spielt. Manchmal hilft er beim Frühstückmachen oder nörgelt rum, weil er Hunger hat. Das führt dann dazu, dass er sein Müsli schon verputzt hat, eh mein Kaffee überhaupt fertig ist.
Dann spielen, abräumen, Wäsche, bla bla bla, oft telefoniere ich noch mit jemandem und dann gibt es ein großes Zeitloch. Irgendwann dusche ich. Habe schon mehrfach drauf hingewiesen, dass ich das jetzt tue und er sich schonmal anzieht. Komme aus der Dusche. Nix ist passiert. Mittlerweile ist es schon 12 Uhr. Wo ist die Zeit hin? Frage ich mich und werde langsam sauer. Auf mich und unsere Bummelei.
Nun bin ich aber angezogen und Monsieur rennt halbnackig jauchzend durch die Wohnung. Schön, dass er Spaß hat, aber ich will auch langsam mal los. Ich suche Sachen raus, frage, was er anziehen will. Die gewünschten Klamotten sind natürlich noch nass. Also was anderes. „Komm mal bitte. Anziehen jetzt!“ sage ich und schnappe mir irgendwann mein Kind, um ihm die Klamotten überzuziehen.
Ich und Struktur? Ähm…
Nicht schlau und vom Selbstlerneffekt auch ganz schön dämlich. Aber ich merke, dass ich dringend aus der Wohnung muss. Struktur und Planung, das fällt mir mit Kind super schwer, obwohl es hier gerade so nötig ist. Wie viel Spielraum lasse ich ihm und muss ich wirklich meine Vorstellung von einem Samstag mit möglichst viel Zeit draußen durchziehen?
Ja, muss ich. Aber momentan endet mein „Durchsetzen“, was aus Drohen („Sonst können wir nicht mehr das und das machen“) und Entzug („Ich gehe jetzt los, dann bist du eben allein in der Wohnung, wenn du da jetzt bleiben willst.“) besteht. Beides finde ich doof. Natürlich würde ich ihn nicht allein in der Wohnung lassen. Aber ich weiß, dass er sich in Bewegung setzt, wenn ich in voller Montur zur Wohnungstür rausgehe.
Drohen und Erpressen. So wollte ich niemals erziehen. Aber momentan finde ich weder das richtige Maß noch die passende Zeiteinteilung und die innere Ruhe, um ihn ruhig dazu zu bewegen, in einem guten Zeitrahmen fertig und aus dem Haus zu sein. Das nervt. Und ich weiß, dass die Schuld bei mir liegt.
Hätte, wäre, wenn
Wäre ich besser strukturiert, würde das alles auch besser klappen. Nicht alles zehn- oder hundertmal sagen müssen.
Wäre ich in mir ruhend und ausgeglichen, hätte ich die nötige Gelassenheit, ihm ruhig, aber bestimmt zu vermitteln, was jetzt passiert.
Hätte der Hund nicht geschissen, wäre… Ja, hätte, wäre, wenn hilft jetzt auch nicht weiter.
Die innere Unruhe und ich sind auf jeden Fall engere Freunde. Dabei möchte ich doch so gern mit der ollen Ausgeglichenheit und der Zufriedenheit befreundet sein!
Da liegt noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns. Oder vorallem vor mir? „Bleib ruhig. Atme.“ Vielleicht sollte ich diesen Satz zu mir sagen. Von mir aus auch zehnmal.